Im Rahmen der Energiewende wird der Wärmesektor zukünftig wesentlich zur CO2-Einsparung beitragen müssen. Mit herkömmlichen fossilen Heizungsanlagen ist dieses Ziel nicht zu erfüllen, so dass Wärmepumpen in Kombination mit regenerativ erzeugtem Strom zunehmend an Bedeutung gewinnen. Sowohl für Neubauten als auch für Altbauten müssen sinnvolle, effiziente und preiswerte Konzepte gefunden werden, die es erlauben, einen wesentlichen Anteil der Wohngebäude in Europa mit Wärmepumpen zu beheizen. In Nord- und Mitteleuropa hat dabei die Sole-Wärmepumpe einen wesentlichen Vorteil: Gerade bei sehr kalter Witterung schont sie das Stromnetz, so dass eine weite Verbreitung von Sole-Wärmepumpen den Luft-Wärmepumpen vorzuziehen ist. Die Sole-Wärmepumpe ist allerdings im Normalfall inklusive der Quelle wesentlich teurer (Bohrung) oder aber die Quelle benötigt so viel Platz, dass sie nur in wenige Gärten passt (Flächenkollektor).
Die perfekte und kostengünstige Lösung auch für kleinere Gärten ist der Ringgrabenkollektor. Hierbei werden die Solerohre in Schlaufen in einen Graben mit zum Beispiel 2 m Breite und 1,5 m Tiefe verlegt. Je nach Bodenart, Heizlast und Klima ist für einen typischen EFH-Neubau ein Graben von 40 – 80 m Länge notwendig. Dabei hat der Graben die Form eines Rings, so dass die Solerohre erst das Haus verlassen, dann im optimalen Fall einmal rund um das Grundstück verlaufen und am Ende wieder ins Haus geführt werden. Im Vergleich zu einer Flächenkollektor-Auslegung nach VDI 4640 wird wesentlich mehr Erdreich erschlossen, der Ringgrabenkollektor spart Energie.
Der Ringgrabenkollektor wird prinzipiell schon seit mehreren Jahrzehnten in den USA, Kanada und England mit Erfolg eingesetzt (-> „Slinky geothermal loops“). Die systematische Adaption des Konzepts auf deutsche und österreichische Klima- und Bodenverhältnisse erlaubt nun die Auslegung nach einem detaillierten Berechnungsmodell. Inzwischen wurden auf dieser Basis mehr als 500 Ringgrabenkollektoren im deutschsprachigen Raum realisiert. Die Entwicklung der Berechnungs- und Auslegungsrichtlinien und auch die Betreuung der ersten Bauherren erfolgte in rein privater Initiative. Der Entwicklungsprozess ist vergleichbar mit dem Open-Source-Modell und ist in öffentlichen Foren dokumentiert (siehe Links im Menu).
Für die exakte Dimensionierung eines Ringgrabenkollektors wird die Heizlast des Hauses nach DIN 12831 (ohne Sicherheitsreserven oder Angstzuschläge), die Bodenart und die Norm-Außentemperatur bestimmt. Anhand dieser drei Größen kann mit Hilfe von Tabellen die minimale Länge für einen effizienten Ringgrabenkollektor exakt ermittelt werden. Aufgrund von Worst-Case-Annahmen ist die resultierende Ringgrabenkollektorlänge in jeder Situation betriebssicher und kann bei Bedarf durch Simulationen unter Einbeziehung der historischen Wetterdaten des konkreten Standortes noch optimiert werden.
Der Grabenverlauf sollte entweder einmal rund um das Grundstück oder, wenn das nicht möglich ist, rund um eine freie Fläche geplant werden. Die Planung kann in Eigenleistung vorgenommen werden. Verschiedene Internetforen (Haustechnikdialog.de, Energiesparhaus.at) bieten Hilfe bei der Planung und Bewertung von Ringgrabenkollektoren. Außerdem sind Planungstools frei verfügbar, mit denen die notwendige Grabenlänge ermittelt, ein Grundriss des Gartens inkl. des Grabenkollektorverlaufs gezeichnet und die Leistungsfähigkeit ausgerechnet werden kann:
Im Gegensatz zu einem Flächenkollektor nach VDI 4640 ist für einen Ringgrabenkollektor weniger Erdaushub notwendig, so dass die Realisierung im Normalfall kostengünstiger möglich ist. Werden die Erdwärmerohre in Eigenleistung verlegt sinken die Kosten nochmals. So ist es möglich, einen Ringgrabenkollektor für einen typischen EFH-Neubau bereits ab 2000 – 3000 EUR inkl. der Solerohre, Baggermiete und Bezahlung eines professionellen Baggerfahrers zu realisieren.
Die Anzahl der Solerohre richtet sich nach der Heizleistung der einzusetzenden Wärmepumpe, die wiederum nach der Heizlast dimensioniert werden sollte. Jedes Solerohr hat 300 m Länge bei 32 mm Außendurchmesser in der besonders stabilen RC-Qualität („Resistance to Crack“). Für Wärmepumpen mit bis zu 4 kW Heizleistung reicht ein Solerohr, bis 7 kW können zwei Solerohre verwendet werden, je weitere 3 kW Heizleistung kommt ein weiteres Solerohr hinzu.
Der Ringgrabenkollektor kann auch ohne Schlaufen ausgeführt werden. In diesem Fall muss der Graben 200 – 280 m lang sein und darf weniger als 1 m breit sein. Da nur wenige Grundstücke einen so langen Ringgrabenkollektor zulassen wird er selten realisiert.
Eine andere Variante ist die senkrechte Verlegung der Schlaufen, so dass der Graben wesentlich tiefer, aber dafür sehr schmal ausgeführt werden kann. Diese Bauform ist wegen des besonders geringen Aushubvolumens für sehr kleine Grundstücke oder für die nachträgliche Verlegung eines Ringgrabenkollektors im Altbau empfehlenswert. Hierbei werden die Schlaufen z.B. zwischen 1 m Tiefe und 2,5 m Tiefe gebildet. Für die Verlegung der Solerohre darf der senkrechte Graben nicht betreten werden. Die Schlaufen werden außerhalb des Grabens vorbereitet und dann vorsichtig in den Graben heruntergelassen.
Alle drei Verlegungsformen lassen sich je nach Zuschnitt des Grundstücks kombinieren, so dass der optimale Kollektor für fast jedes Grundstück gefunden werden kann. Auch ist es möglich, die Kellergrube für das warme Ende eines Ringgrabenkollektors zu verwenden und dadurch zusätzlich Aufwand zu sparen.
Für eine möglichst effizient funktionierende Wärmepumpenanlage muss neben dem Kollektor auch auf die Senke (die Heizflächen) geachtet werden. Eine Wärmepumpe benötigt möglichst wenig Temperaturunterschied zwischen Quelle und Senke. Deshalb sollte in Zusammenarbeit mit einer Wärmepumpe eine Flächenheizung zum Einsatz kommen, die weniger als die üblichen 35/30 Grad Heizwassertemperatur verwendet. Außerdem hilft ein einfacher hydraulischer Aufbau der Senke ohne Pufferspeicher, (fast) ohne Einzelraumregelung, mit ungefähr gleich langen Heizkreisen und mit ausführlichem hydraulischem Abgleich.
Das Team aus Ringgrabenkollektor, effizienter Sole-Wärmepumpe und auf besonders niedrige Systemtemperaturen ausgelegter Flächenheizung ist ohne Probleme in der Lage, reale Jahresarbeitszahlen von mehr als 4,5 zu erreichen. Somit sinkt der Strombedarf eines typischen EFH-Neubaus für Heizzwecke auf unter 2500 kWh pro Jahr.
Während der letzten Jahre sind viele Ringgrabenkollektoren in Deutschland und Österreich entstanden. Fast alle mit Eigenleistung, da bisher erst wenige Firmen Ringgrabenkollektoren als fertiges Gewerk anbieten. In der Wärmepumpen-Verbrauchsdatenbank haben inzwischen mehr als 80 Ringgrabenkollektor-Benutzer ihre Anlagen- und Verbrauchsdaten offen gelegt. In verschiedenen Foren oder Blogs sind viele Ringgrabenplanungen und Erfahrungsberichte inkl. Verbrauchsdaten und Soletemperaturen zu finden. Viele davon sind über den Support-Thread des Haustechnikdialog verlinkt.
Für das Jahr 2016 lief eine Wette, wieviele Ringgrabenkollektoren in Österreich und im Vergleich in Deutschland realisiert werden. Die einzelnen für die Wette zählenden Ringgrabenkollektor-Projekte sind alle mit Planung, Bildern und Beschreibung des Arbeitsaufwandes dokumentiert und bieten einen guten Überblick über die Bandbreite von möglichen Ringgrabenkollektor-Realisierungen. Insgesamt sind 2016 80 Ringgrabenkollektoren realisiert und dokumentiert worden.